Einer sieht’s so, der andere anders – wer liegt richtig?
Jeder Mensch denkt anders. Damit hat jeder Mensch seine eigene Realität. Selbst wenn wir dieselben Dinge betrachten, erleben wir diese oft völlig unterschiedlich. Jede Meinungsverschiedenheit, jeder Streit, ja sogar jeder Krieg fängt damit an – wer hat Recht?
Schauen wir mal genauer hin. Wie wir die Dinge betrachten, hängt tatsächlich davon ab, wie wir denken. Jeder Mensch denkt anders. Die Gedanken, durch die wir die Dinge wie durch eine Brille betrachten, sind alte, konditionierte Glaubenssätze, Überzeugungen und Ansichten – alles erlerntes Wissen aus unserer Vergangenheit. Aber Fakt ist, wir können keine Betrachtungsweise haben, ohne derartige Gedanken zu denken. Daher hat jeder einzelne Mensch seine eigene, persönliche Betrachtungsweise auf dieselbe Sache. Natürlich sind uns die meisten solcher Gedanken nicht bewusst. Wie beim Eisberg, der nur mit einem Bruchteil seines Ausmaßes aus dem Wasser herausragt, liegen auch die meisten unserer Gedanken außer Sichtweite. Dennoch formen allein sie unser Erleben. Ohne Gedanken könnten wir eine Sache gar nicht wahrnehmen, wir wüssten noch nicht einmal, dass diese Sache existiert.
Nehmen wir ein Baby, welches zum ersten Mal einen Kugelschreiber in der Hand hält. Wir Erwachsenen sind uns einig. Damit schreibt man. Das Baby nimmt ihn wie eine Kaustange in den Mund. Für das Baby ist dies kein Kugelschreiber. Es muss erst lernen, dass es sich hierbei um ein Schreibgerät handelt und wie man es benutzt. Ohne die Gedanken, die es zur Definition „Kugelschreiber“ und zum Gebrauch als Schreibgerät braucht, existiert für das Baby kein Kugelschreiber und auch kein Schreibgerät. Wer hat Recht? Ist dieser Gegenstand eine Kaustange oder ein Kugelschreiber? Hier sieht man, dass es immer auf den persönlichen Blickwinkel des Betrachters ankommt. Beide haben Recht – beide aus ihrem Blickwinkel. Was wir wahrnehmen, kommt immer von dem Denken, das wir in diesem Moment gerade haben. Babies lernen noch. Wir lernen noch. Wir können immer neue Gedanken bekommen. Damit ändert sich sofort unsere Betrachtungsweise.
Keiner von uns kann wirklich eine neutrale Betrachtungsweise haben, da ein jeder von uns die Dinge immer durch sein momentanes, persönliches Denken beurteilen muss. Was wir haben können, ist relative Klarheit. Je mehr sich unser Bewusstseinsniveau erhöht, umso klarer sehen wir. Unsere persönlichen Gedanken spielen dann immer weniger eine Rolle. Je höher unser Bewusstsein, umso neutraler sehen wir die Dinge (vgl. auch Selbstkorrekturmechanismus).
Auf höheren Bewusstseinsebenen hören wir auch besser zu. Wir haben mehr Verständnis und Mitgefühl. Schließlich sehen wir die Dinge durch die Augen von Dankbarkeit und Liebe. Wir finden Lösungen. Wir streiten weniger. Wir führen weniger Kriege. Wer muss dann noch Recht haben?
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